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Wildbienen Schweiz

Wildbienen Schweiz – Aktuelle Gefährdungslage

Neben Honigbienen sind auch Wildbienen für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen unersetzlich. Darum haben das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und das Nationale Daten- und Informationszentrum der Schweizer Fauna (info fauna) am 17. Mai 2024 eine neue Rote Liste der Bienen der Schweiz herausgegeben. Diese Liste gibt Auskunft über den Stand der gefährdeten Wildbienen-Arten im Jahr 2022. Demnach stehen bereits rund 45 Prozent der Schweizer Wildbienen-Arten auf der Roten Liste. Ausgestorben sind rund 10 Prozent. 

Über Wildbienen gibt es inzwischen eine Menge an wichtigen Informationen – auch für Laien, die sich für diese faszinierenden Lebewesen engagieren möchten. Darunter findet sich auch Werbung zum Kauf von Wildbienensand, Wildbienen-Pflanzenmischungen und Bauanleitungen für Wildbienenhotels. Meine ersten Erfahrungen mit Wildbienen bestanden vor einigen Jahren darin, dass ich unter der Pergola in meinem Garten ein Wildbienenhotel aufhängte. Nachdem ich das Einnisten der ersten Wildbienen beobachten konnte, hängte ich eine weitere derartige Nisthilfe auf meinem Balkon auf. Dieses «Hotel» blieb jedoch leer, bis ich es ebenfalls im Garten platzierte. Inzwischen habe ich gelernt: Vermutlich fehlten in der Nähe zu meiner Terrasse genügend geeignete Futterpflanzen. Bis heute habe ich auf meiner Parzelle zudem die Vielfalt an Blütenpflanzen verbreitert und einen Wildbienensandhaufen angelegt. Strukturen wie Totholz kamen hinzu.

Eine Langhornbiene auf einer Zaun-Wicke. Bild: Philipp Reibisch
Eine Langhornbiene auf einer Zaun-Wicke. Pro Natura hatte die Langhornbiene 2010 stellvertretend für alle Wildbienenarten der Schweiz zum Tier des Jahres gewählt. Bild: Philipp Reibisch

Die aktuellen Zahlen

1994 ist für die Schweiz erstmals eine Rote Liste der Bienen erschienen (Amiet 1994). In den Folgejahren haben verschiedene Fachkreise die Studien ergänzt und verfeinert. 30 Jahre hat es schliesslich bis zur heutigen Aktualisierung gedauert: Am 17. Mai 2024 veröffentlichten das BAFU und info fauna eine neue Rote Liste. Die Bewertung haben sie nach den internationalen Richtlinien der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature) vorgenommen.

Bisher konnten die Forschenden für die Schweiz 632 Bienenarten nachweisen. Die Spezialisten haben 615 bewertet (ohne Honigbienen). Davon mussten sie 279 Arten (45,4 %) auf die Rote Liste setzen. Als nahezu bedroht gelten weitere 58 Arten (9,4 %). Der Anteil der ausgestorbenen Arten ist im Vergleich zu anderen evaluierten Insektengruppen sehr hoch: Er umfasst 59 Arten. Dies entspricht 9,6 %.

Mit der Erstellung der Roten Liste sind die aktuell gefährdeten Arten wieder klar ausgewiesen. Damit sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Aufnahme dieser Arten in die von Bund und Kantonen finanzierten Schutzprogramme erfüllt.

In der Nachbarschaft zur Schweiz gibt es übrigens nur in Deutschland, den Niederlanden und in Belgien aktuelle Rote Listen der Bienen. Die Anzahl von gefährdeten und regional ausgestorbenen Arten ist in diesen drei Ländern bedauerlicherweise vergleichbar hoch wie in der Schweiz.

Wir haben auf diesem Blog bereits über die roten Listen als Indikator bei der Bewertung der Artenvielfalt (Biodiversität) berichtet.

Auf der Seite des Bundesamts für Umwelt (BAFU) findest Du die Rote Liste der Bienen von 2024 als PDFEine gedruckte Fassung kann nicht bestellt werden. Diese Publikation ist auch in französischer und italienischer Sprache verfügbar. Die Originalsprache ist Deutsch.

Verzicht auf die Bewertung der freilebenden Honigbienen

Die Bewertung von Arten für die Roten Listen wird nach Kriterien für Wildpopulationen entwickelt.

Die Westliche Honigbiene ist zweifellos eine in Europa einheimische Art. Heimisch in der Schweiz bzw. nördlich der Alpen ist die Unterart «Dunkle Honigbiene», südlich der Alpen die «Italienische Honigbiene». Ungefähr ab den 50-er Jahren beeinflussten die Modernisierung und die Intensivierung der Imkerei, die Einführung von nicht-einheimischen Unterarten und das Hervorbringen von Kreuzungen die Entwicklung der einheimischen Honigbienen-Populationen massgeblich. Zwar werden vorab in Baumhöhlen oder Wäldern auch heute noch einzelne freilebende Honigbienenvölker beobachtet. Das langfristige Überleben dieser Populationen ist jedoch offen. Angesichts der hohen Dichte der von Imkerinnen bzw. Imkern gehaltenen Völker ist weiterhin von einem genetischen Austausch mit freilebenden Honigbienen auszugehen.

Bienen schützen

Die Einrichtung von Bienenreservaten durch die Bienenzüchtenden verspricht mehr Wirkung für den Erhalt freilebender Honigbienen als gezielte Artenförderungsmassnahmen.

Aus all diesen Gründen enthält die neuste Rote Liste der Bienen in der Schweiz keine Bewertung der (wenigen) freilebenden Honigbienenpopulationen in der Schweiz.

Unterschiede zwischen Honigbienen und Wildbienen

Honigbienen bilden bekanntlich «Staaten». Die meisten Wildbienen leben hingegen solitär, also als Einzelgängerinnen. Ausnahmen bilden die Mehrheit der Hummel-Arten und einige Furchenbienen: Diese Arten leben wie Honigbienen in sozialen Verbänden – eine Ausnahme unter den Wildbienen.

Eine Honigbiene auf Borretsch, ein Klassiker im Familiengarten. Bild: Dirk Rahnenführer
Eine Honigbiene auf Borretsch, ein Klassiker im Familiengarten. Bild: Dirk Rahnenführer

Viele Wildbienen sind auf bestimmte Pflanzenarten spezialisiert, während Honigbienen ein breiteres Futterpflanzenspektrum nutzen können. Wildbienen überleben somit nur dort, wo es eine ausreichende Menge dieser spezifischen Pflanzenarten gibt. Zentral zum Überleben der meisten Wildbienen sind ferner geringe Distanzen von maximal 200–300 m zwischen Nahrungsquelle und Nest. Diese Nähe erklärt sich insbesondere dadurch, dass die meisten Wildbienen Solitärbienen sind. Das für den Nachwuchs allein zuständige Weibchen darf dem Nest nicht zu lange fernbleiben, wenn es Schäden an der Brut verhindern will. Der Flugradius einer Honigbiene liegt demgegenüber bei ca. drei Kilometern, in Ausnahmefällen auch mehr. Die durchschnittliche Strecke für den Hin- und Rückflug zum Bienenstock beträgt bei den Honigbienen ungefähr zwischen 500 und 1000 Metern.

Einige Wildbienen-Arten bestäuben Pflanzen, welche die Honigbienen gar nicht besuchen. Es braucht also zur Bestäubung einer breiten Pflanzenvielfalt neben Honigbienen unbedingt auch viele verschiedene Wildbienen-Arten.

Zahlreiche Wildbienen, besonders Hummeln, fliegen selbst bei eher garstigen Wetterverhältnissen noch aus, während Honigbienen lieber in ihren Bienenstöcken auf wärmere Temperaturen und bessere Wetterbedingungen warten.

Asiatische Hornisse

Seit einigen Jahren macht auch die Asiatische Hornisse unseren einheimischen Arten zu schaffen. Darüber schreiben wir im Beitrag Asiatische Hornissen, eine Bedrohung für einheimische Bienen.

Aktuelle Lage der Wildbienen 

Die Wildbienen sind auf vielfältige Lebensräume und Landschaften mit Blütenreichtum und auf Kleinstrukturen angewiesen. Dazu gehören unter anderem wenig bewachsene, gut besonnte Bodenstellen im Siedlungsraum. Noch wertvoller sind solche Stellen, wenn sie regengeschützt sind und sandige Teilflächen aufweisen. Wildbienen reagieren ausserdem empfindlich auf (chemische) Pflanzenschutzmittel.

Die einzelnen Wildbienen-Arten haben ihre klar definierten Fortpflanzungszeiten und wechseln sich darin zwischen März bis in den Oktober hinein ab. Gewisse Wildbienen legen ihre Brutkammern in Röhren an, wo sie oft als Puppen überwintern. Die meisten Arten nisten aber im Erdboden. Als Nistplätze kommen, je nach Art, etwa Gänge in lückig bewachsenen Boden oder in morschem Holz in Frage. Einige Arten besiedeln bestehende, von Käfern ausgefressene Hohlräume in Totholz, oder hohle Pflanzenstängel, Erd-, Fels- und Mauerspalten oder leere Schneckenhäuser. Oder sie bauen ihre Nester frei an Steinen oder Halmen. Sodann gibt es sogenannte «Kuckucksbienen»: Diese Wildbienen verhalten sich parasitisch, d.h. sie benutzen zum Nisten bereits vorhandene Bodennester anderer Arten.

Wildbienen überleben das erste Lebensjahr nicht bzw. überwintern grundsätzlich als verpuppte Larven. Bei den Hummeln überwintern lediglich die begatteten Jungköniginnen. Honigbienen  überstehen den Winter hingegen weiterhin als Gemeinschaft, der auch einige Arbeiterinnen angehören. Sie bilden eine «Wintertraube», um sich gegenseitig während ihres Ruhezustandes warm zu halten.

Aufgrund der erforderlichen Lebensbedingungen erstaunt es nicht, dass der Anteil der gefährdeten Wildbienen-Arten gemäss der Roten Liste besonders hoch ist bei den Blütenspezialisten, den Bodennistern, den im Sommer fliegenden Arten und den im Tiefland vorkommenden Arten. Laut der Studie beherbergen zwar reich strukturierte Gebiete im Jura und in den Alpen noch immer einen beachtlichen Artenreichtum an Wildbienen. Indem der Druck auf diese Flächen aber in letzter Zeit ebenfalls steigt (Intensivierung der Landwirtschaft, Qualitätseinbussen der Landschaft durch diverse andere Einwirkungen), sind die Wildbienenbestände nun auch in diesen Regionen gefährdet.

Die Entwicklung der Arten in der Schweiz

Eigentlich wäre im Zusammenhang mit den Wildbienen zumindest eine Nachricht aus der Studie erfreulich: Rund zehn in der Schweiz während Jahrzenten verschwundene Arten sind wieder aufgetaucht. Dies könnte laut Studie mit der Klimaerwärmung zusammenhängen. Zudem konnten weitere wärmeliebenden Arten ihre Bestände vergrössern oder räumlich ausdehnen. Dem steht jedoch der hohe Anteil der gefährdeten und ausgestorbenen Arten gegenüber. Aus meiner Sicht vermögen zudem auch vereinzelte positive Nebeneffekte der Klimaerwärmung nicht darüber hinweg zu täuschen, dass deren Konsequenzen insgesamt dramatisch sind.

Jedes Engagement für die Wildbienen ist wichtig! In meinem Blogbeitrag Mehr Biodiversität – Jetzt handeln! habe ich über die Biodiversitätsinitiative, über die wir am 22. September 2024 abstimmen, berichtet. Die Annahme der Initiative hilft auch den Wildbienen.

Wissenswertes über Wildbienen in Kürze

Was benötigen Wildbienen?

  • Ein vielfältiges, grosses und beständiges Angebot an Blüten
  • Ein vielfältiges, reichliches Angebot an Kleinstrukturen
  • Geringe Distanzen zwischen Futterpflanzen und Nest

Was sind die Top Ten der Nahrungspflanzen für Wildbienen?

Die Top Ten der Nahrungspflanzen (gemäss BirdLife Schweiz) für Wildbienen sind:

Pollen-Weiden, Hornklee und andere Kleearten, Esparsetten, Natternköpfe, Senfe und andere grossblütige Kreuzblütler, Glockenblumen, Zieste, Disteln und Flockenblumen, Wegwarte und andere Zungenblütler, Rainfarn und andere Asterngewächse.

Ebenfalls wichtige Nahrungspflanzen sind laut BirdLife Schweiz die Doldenblütler wie Möhre oder Kerbel oder bestimmte Rosengewächse wie Fingerkraut oder Stein- und Kernobst.

Welche Unterfamilien gibt es bei den Wildbienen?

In der Schweiz gibt es sieben Unterfamilien bei den Wildbienen (gemäss beeworld.ch):

Seidenbienen, Sandbienen, Furchen- und Schmalbienen, Sägehorn- oder Hosenbienen, Mörtel- und Blattschneiderbienen, Pelzbienen, Echte Bienen (Hummeln, nebst Honigbienen)

Wann ist Weltbienentag?

Seit 2018 haben die Vereinten Nationen auf Initiative Sloweniens den 20. Mai zum Weltbienentag erklärt.

Quellen:

Jacqueline Cortesi

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