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Welternährungstag

Der Welternährungstag

Der 16. Oktober ist der internationale Welternährungstag. Er wird weltweit begangen und soll uns an das Datum der Gründung der Ernährungs- und Landwirtschafts­organisation der Vereinten Nationen im Jahr 1945 erinnern. Der Tag wird auch von vielen anderen Organisationen gefeiert, die sich mit Hunger und Ernährungs­­sicherheit befassen, darunter das Welternährungs­programm, die Weltgesundheits­organisation und der Internationale Fonds für landwirt­schaftliche Entwicklung (Quelle: englische Wikipedia).

Für viele Menschen sind Familiengärtnerinnen und -gärtner privilegiert, weil ihnen die Kommunen ein Stück Land zur Nutzung überlassen. Doch was ist unser Privileg? Eine beachtliche Ernte von lokal produziertem Gemüse und Obst für die eigene Familie einzufahren, ohne Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden. Diesen Aspekt sollten wir nicht nur am Welternährungstag in die Gesellschaft tragen, sondern immer dann einbringen, wenn Gartenareale als “ideales Bauland in Städten” entdeckt werden.

Wieviel Ertrag im Garten ist möglich?

Sind Gärtnerinnen und -gärtner auch in der Haltbarkeits­machung der Ernte geschickt, können auf 100 Quadratmetern Pflanzland gut 150 bis 200 Kilogramm Gemüse und Obst geerntet und für den Winter konserviert werden. Diese Erkenntnis lieferten Tomas Kilousek und Guido Beneke im Jahr 2021 in der wissen­schaftlichen Studie des Bundes­verbands der deutschen Schreberjugend mit dem Titel Hidden Champions – Zur Bedeutung von urbaner Landwirtschaft (insbesondere Kleingärten) für die Zukunft unserer Städte.

  • Wie hoch ist das Potential von Eigenanbau?
  • Mit welchen Ernteerträgen können wir rechnen?
  • Wie hoch ist der mögliche Selbstversorgungsgrad?

Hidden Champions

Die Broschüre Hidden Champions gibt Antworten auf diese Fragen. Sie können die Broschüre auf der Seite der deutschen Schreberjugend als PDF herunterladen.

Marianns Besuch in Dübendorf

Für den Welternährungstag hatte der Verband der Schweizer Familiengärtner die Idee, einige Mitglieder zu befragen was sie ernten und wieso sie ihr eigenes Gemüse und Obst auf ihrer Parzelle produzieren. Unser Vorstandsmitglied Mariann Baschnonga hat zwei Pächterinnen aus dem Familiengartenareal Ifang im Verein für Familiengärten Dübendorf – VFD besucht. Vor Ort in ihren Gärten haben sie Mariann Auskunft gegeben.

Weiter wurden dem Verband diverse Erntelisten aus der ganzen Schweiz zugestellt, welche die Zahlen aus der Studie in Deutschland untermauern.

Martinas Garten

Martina bewirtschaftet im Areal Ifang in Dübendorf 70 Quadratmeter Pflanzfläche. Diese Parzelle hat sie erst vor einem Jahr von Vorpächtern übernommen. Die Pflanzfläche ist optimal ausgenutzt: Kartoffeln werden in mehrstöckigen Pflanzgefässen gezogen, ebenso Erdbeeren. Diverse kleine Apfelbäume liefern Obst. Ein Feigen-, ein Kirschen- und Pflaumenbaum ergänzen das Obstangebot. Ein Bereich ist Beerensträuchern vorbehalten, wo Jostabeeren, Heidelbeeren, Maulbeeren, diverse Sorten Johannisbeeren, Himbeeren und Brombeeren wachsen.

In Martinas Gartenparzelle in Areal Ifang in Dübendorf wächst das Gemüse natürlich gut. Juni 2022. Foto Dirk Rahnenführer
In Martinas Gartenparzelle in Areal Ifang in Dübendorf wächst das Gemüse natürlich gut. Juni 2022. Foto Dirk Rahnenführer

Das Sortiment an Gemüse und Obst ist beeindruckend, oft im Beet kombiniert: Mais als Stütze für Bohnenpflanzen und dazwischen Kürbis, dessen Blätter den Boden bedecket halten. Martina möchte ihren Kindern zeigen, was es bedeutet, eigenes Gemüse und Beeren zu säen und zu pflanzen, anschliessend über Monate zu pflegen und lange auf die Erntereife zu warten. So hat die kleine Tochter bereits gelernt, dass anfangs Mai viele Erdbeeren in den Pflanzen sichtbar sind, jedoch im Moment noch klein und grün sind. Es gilt weiterhin auf rote, aromatische Erdbeeren zu warten. Die Kinder lernen so, dass das Gemüse nicht einfach im Laden wächst.

Dieses Jahr soll der bereits bestehende Kräutergarten um eine Kräuterspirale ergänzt werden. Ein anderer Bereich des Gartens soll neu mit Bienensand angelegt werden, um den Wildbienen ein Zuhause in im Garten zu schaffen.

Bienenhotel

Martina hat inzwischen (Ende Sommer 2022) das Bienenhotel fertiggestellt, oder genauer gesagt eine Sandlupe aus Bienensand. Martinas Anleitung mit Fotos dazu gibt es auf der Seite des Vereins für Familiengärten Dübendorf hier.

Martinas Familie verbringt ihre Ferien jeweils auf einem Bauernhof im Kanton Bern. Von der Bäuerin hat sie Salatsetzlinge erhalten, von denen sie nun regelmässig Schnittsalat ernten kann. Wenn sie mehr Früchte oder Gemüse erntet als gerade in der Familie verwertet werden kann, friert sie Überschüsse ein oder macht z.B. aus Roter Beete auch Einmachgläser.

Martina hat sich das gärtnerische Wissen selbst angeeignet, teils aus Büchern und durch Ausprobieren. Sie schätzt sich sehr glücklich, dass sie diese Pflanzfläche in Fussdistanz zu ihrer Wohnung mit ihren Kindern und dem Partner bewirtschaften darf. Die Familie hält sich circa fünf bis zehn Stunden wöchentlich im Garten auf.

Elsas Garten

Elsa bewirtschaftet seit 25 Jahren 130 Quadratmeter im selben Areal wie Martina. Als Mariann sie im Garten besuchte hatte Elsa ein Schmetterling-Netz mit einem frisch geschlüpften Schwalbenschwanz dabei, den sie an diesem Tag in Garten frei liess. Elsa ist stolz, dass es ihr gelingt, sämtliches Gemüse und allen Salat für ihren Zwei-Personen-Haushalt selbst anzubauen. Auf etwa zehn Quadratmetern baut sie diverse Kartoffelsorten an mit unterschiedlichem Erntezeitpunkt an. Die Sorte Agria kann Elsa besonders lange lagern bevor die Kartoffeln keimen. Ihr steht für die Lagerung der Kartoffeln eine Garage mit Naturboden zur Verfügung, was ideal ist.

Planung und Haltbarkeit

Aktuell arbeitet Elsa auf ein Ernteziel hin: am 25. Juni 2022 feiert ihr Tochter auf einem Hof ihr Hochzeitsfest nach. Elsa wird den Salat für alle Gäste in ihrem Garten ernten können. Dafür sät sie diverse Sorten Kopfsalat an, zusätzliche roter Ciccorino und Kresse. Im Herbst sät sie Nüsslisalat aus. Fenchel schneidet sie knapp über dem Boden ab, sodass nochmals kleine Fenchel nachwachsen, die den Salat bereichern.

Elsa pflanzt Chabis und Wirz an. Die Wirzblätter legt sie zur Behandlung von Schmerzen nach längerer Gartenarbeit auf die betroffenen Körperstellen auf. Aus Spitzwegerich setzt sie Sirup an, der gut schmeckt und ihr gegen Husten hilft.

Je nach Erntemenge werden zum Beispiel Peperoni und Bohnen eingefroren. Aus Wirz, Kabis und Mangold fertigt Elsa zum Erntezeitpunkt Rouladen und Capuns an (ein traditionelles Gericht aus Graubünden), um den Speisezettel im Winter zu erweitern. Sie denkt dabei auch an die Wirkung auf dem Teller: Gelbe und grüne Bohnen portioniert Elsa gemischt portioniert, weil sie so mehr Farbe auf den Teller zaubern kann.

Einzelne Gemüse lässt Elsa im Boden, z.B. Rüebli und auch Gurken bleiben gut gedeckt im Garten. Im Tomatenhaus pflanzt sie sechs Tomatensorten an. Ist die Ernte gross, werden Tomaten mit Sellerie und Rüebli zu Sugo verkocht und heiss in Gläser abgefüllt. Auch bei den Beeren schaut Elsa auf Sorten mit guter Ernte. Sie hat ein ganzes Beet mit Herbsthimbeeren angelegt.

Elsas Gartenparzelle im Areal Ifang im Juni 2022. Im Interview mit Mariann Baschnonga erklärt Elsa wie viel Ertrag sie in ihrem Garten erreicht und wie sie mit Vorräten umgeht. Foto Dirk Rahnenführer
Elsas Gartenparzelle im Areal Ifang im Juni 2022. Im Interview mit Mariann Baschnonga erklärt Elsa wie viel Ertrag sie in ihrem Garten erreicht und wie sie mit Vorräten umgeht. Foto Dirk Rahnenführer

Nachbarschaft im Familiengarten

Am Anfang hat Elsa einfach die erfahreneren Gärtnerinnen und Gärtner in ihrem Areal gefragt, wie sie gärtnern. Inzwischen bearbeitet sie den Garten nach dem Mondkalender. Elsa braut aus Brennnessel, Beinwell und Rhabarberblättern einen Sud. Diesen Dünger verdünnt sie und begiesst die Pflanzen wöchentlich damit. Um den Boden zu lockern, verwendet Elsa eingekaufte Champignon-Erde.

Elsa ist nun selbst eine erfahrene Gärtnerin geworden. Die anderen Pächter fragen heute sie um Rat, sei es zur Gartenarbeit oder zur Haltbarkeitsmachung der Ernte.

Elsas vollständige Ernteliste der letzten sechs Jahre können Sie bei Interesse als PDF hier herunterladen.

Mondkalender

Unseren beliebten und zweisprachigen Mondkalender können Sie direkt hier herunterladen.

Aufruf für unsere Familiengärten

  1. Solche inspirierenden Beispiele können wir nicht nur unter den Kleingärtnerinnen und -gärtnern in der Schweiz finden, sondern europaweit. Sie müssen aber noch weiter vermehrt werden. Der diesjährige Welternährungstag soll als Katalysator dienen und die Menschen in den Klein- und Familiengärten motivieren, diesen Beispielen zu folgen.
  2. Die Kleingartenbewegung wurde gegründet, um den Familien erschwingliches Obst und Gemüse zu erlauben. Wir möchten alle Klein- und Familiengärtnerinnen und -gärtner aufrufen, dieses ursprüngliche Ziel weiterhin und vermehrt umzusetzen. Das Gärtnern ist ein wunderbares Hobby. Es bringt uns zusätzlich aber auch gesundes, lokales, saisonales und biologisch angebautes Obst und Gemüse. Es sichert zumindest zum Teil den Eigenbedarf ab und mindert auch den ökologischen Fussabdruck.
  3. Wir laden die Klein- und Familiengärtnerinnen und -gärtner ein, auch die Ernährungsfunktion der Klein- und Familiengärten wahrzunehmen. Wir möchten auch die Behörden und Planer für diese Funktion motivieren. So können wir gemeinsam dazu beitragen, dass auch zukünftig mehr Klein- und Familiengartenflächen abgesichert und geschaffen werden.