Habt ihr euch im Vorstand eures Familiengartenverein auch schon die Frage gestellt, ob ihr eine Rechtsschutzversicherung für euren Verein abschliessen solltet?
Warum ist eine Rechtsschutzversicherung im Verein wichtig?
Der Schweizer Familiengärtner-Verband empfiehlt seinen Mitgliedern einen solchen Abschluss. Bei Verzicht läuft ein Gartenverein Gefahr, dass er seine Rechte im Streitfall nicht oder nur mit hohen Kostenfolgen zu Lasten des Vereinsvermögens durchsetzen kann.
Jeder Verein muss mit dem Versicherer die auf seinen Fall zugeschnittene Versicherungsdeckung aushandeln. Daher kann der SFGV auch keine allgemeingültige Empfehlung für eine bestimmte Versicherungslösung abgeben. Hier habe ich für euch ein paar Hinweise zusammengestellt, damit ihr euch auf das Gespräch mit einer Versicherungsgesellschaft vorbereiten könnt.
Allgemeine Ratschläge zur Rechtsschutzversicherung im Verein
- Kläre die Ausgangslage ab: Verwaltet sich der Familiengartenverein selbst oder besteht eine Fremdverwaltung durch ein öffentliches Gemeinwesen als Grundeigentümer (Stadt, Gemeinde, Bürgergemeinde)? Welche Risiken trägt dabei der Gartenverein als Verpächter und/oder als Verein selber und welche Risiken trägt allenfalls das öffentliche Gemeinwesen?
- Die Versicherungsangebote sind unterschiedlich. Daher empfehle ich, wenigstens zwei Offerten einzuholen. Vergleiche dabei nicht nur die Versicherungsprämien, sondern auch das Angebot der versicherten Leistungen und umgekehrt die Deckungseinschränkungen (Versicherungsausschlüsse).
- Prüfe Kombi-Lösungen: Wenn mehrere Versicherungen abgeschlossen werden (z.B. neben Rechtsschutz auch Haftpflicht), so ist es in der Regel günstiger, alle beim gleichen Anbieter zu bündeln.
- Versicherungsprämien müssen aus dem Betriebsergebnis finanziert werden. Prüfe, welche Auswirkungen die Versicherungsprämien auf die Höhe des Vereinsbeitrags und/oder der Pachtzinsen haben.
- Risiko- und Kostenabwägungen: Wie hoch sind das Vereinsvermögen und die Vereinsliquidität, wie viel kosten die jährlichen Versicherungsprämien im Verhältnis zu den möglichen Kostenrisiken ohne Rechtsschutzversicherung?
Versicherung für mein Gartenhaus?
Ein Gartenhaus im Familiengarten oder Schrebergarten kann in der Tat schnell kostspielig werden. Auf unserer Seite findet ihr einen Beitrag zu der Frage Soll ich mein Gartenhaus im Schrebergarten versichern?
Rechtsschutz im Verein
In der Praxis besteht das Hauptrisiko darin, dass der Verein mit einer Pächterin bzw. einem Pächter wegen Verletzung der Vereinsstatuten oder der Bau- und Gartenordnung in einen Konflikt gerät (z.B. bei Kündigung der Pacht durch den selbstverwaltenden Verein oder bei Nichtbezahlen der Vereinsbeiträge durch das Mitglied). Der Vorstand muss dem Versicherungsanbieter dieses Risiko explizit benennen, um abzusichern, dass es in der Deckung auch wirklich eingeschlossen ist (vgl. Beispiel 2 nachstehend).
Denkbar sind ferner Szenarien, bei denen der Verein gegen Drittpersonen ausserhalb des Familiengartens, mit denen er keinen Vertrag hat, Schadenersatzansprüche geltend machen möchte (z.B. bei Vandalismus). Ebenso kann es vorkommen, dass ein vertraglicher Anspruch gegen einen Dienstleistungserbringer eingefordert werden muss (z.B. Nicht- oder Schlechterfüllung von Auftragsarbeiten). Manchmal ist der Verein aber auch selber Immobilieneigentümer (z.B. des Vereins- bzw. Clubhauses) oder selber Pächter (im Verhältnis zum Gemeinwesen). Daraus können ebenfalls Konflikte entstehen.
Beispiele einer Rechtsschutzversicherung
Zwei mir bekannte Versicherungsmodelle habe ich beispielhaft herausgepickt.
Beispiel 1: Rechtsschutzversicherung für Unternehmen
Der Familiengartenverein, dem die Gartenanlage gehört, konnte sich unter dem Titel «Rechtsschutzversicherung für Unternehmen» – ausser für die Grunddeckung – auch für einen sog. «Immobilien-Rechtsschutz» mit «Eigentümer-Rechtsschutz und Vermieter-Rechtsschutz» versichern.
Beispiel 2: Rechtsschutz für Unternehmen und Vereine
Hier waren sowohl der Verein als auch die Vereinsmitglieder versichert. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) stand jedoch, dass «Streitigkeiten zwischen Personen, die durch dieselbe Police versichert sind» nicht gedeckt sind. Somit wäre das Hauptrisiko (Streitigkeiten zwischen Verein und Pächterin/Pächter) gerade nicht gedeckt. Die AVB konnten jedoch mit einer sog. individuellen Vereinbarung ergänzt werden, die für dieses Risiko wieder zu einem Deckungseinschluss führte. Die Ergänzung (hier unterstrichen) lautete: Nicht von der Versicherung gedeckt sind «Streitigkeiten zwischen Personen, die durch dieselbe Police versichert sind, mit Ausnahme des Versicherungsnehmers selbst für vertragliche Streitigkeiten mit Mietern/Untermietern aus Miet- und Pachtvertrag.»
Kein Misstrauen, sondern Schutz der Gemeinschaft
Konflikte mit seinen eigenen Pächterinnen und Pächtern oder Vereinsmitgliedern kann der Verein zwar zum Glück sehr oft selber lösen. Wenn aber eine Pächterin oder ein Pächter uneinsichtig bleibt und dem Verein massgeblich zu schaden droht oder ihn bereits geschädigt hat, so werden nicht nur die Vereinsfinanzen, sondern auch das Vereinsklima und die Kapazitäten des Vorstands belastet. In diesem Fall kann die anwaltliche Vertretung vor Gericht nötig werden. Auch nur eine Rechtsberatung zu den Vorgehensmöglichkeiten und Prozesschancen kann weiterhelfen. Oft wirkt bereits das Einschalten eines Anwalts bzw. einer Anwältin wahre Wunder, indem die streitbare Pächterschaft nochmals zu reiflichem Überdenken ihrer Haltung veranlasst wird. Ohne Rechtsschutzversicherung kann der Beizug eines Anwaltsbüros oder die Einleitung eines Gerichtsverfahrens den Verein schnell mehrere tausend Franken kosten. Gericht und Anwalt verlangen zudem kurzfristige Kostenvorschüsse, was dem Verein die notwendige Liquidität abverlangt.
Schadensbewahrung dank Rechtsschutzversicherung
Es geht also beim Abschluss einer Rechtsschutzversicherung im Familiengarten oder Schrebergarten nicht um den Ausdruck von Misstrauen gegenüber den Mitgliedern, sondern darum, dass der Vorstand die Gemeinschaft seiner Mitglieder vor Schaden bewahrt. Daher sollte er sich nicht scheuen, diesen Schritt zu tun.
Jacqueline Cortesi