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Ernährungssicherheit

Der Beitrag der Familiengärten zur Ernährungssicherheit

Familiengärten sind krisenerprobt: Schon während der Industrialisierung versorgte sich die in die Städte abgewanderte Landbevölkerung in den «Armen- und Arbeitergärten» mit Lebensmitteln. Während der beiden Weltkriege lieferten die «Kriegsgärten» einen wichtigen Beitrag an die Ernährungsversorgung der Schweiz.

Wertvolles Erbe für nachfolgende Generationen

Seit der Zeit der Armen- und Kriegsgärten ist vieles anders geworden. Aber etwas gilt unverändert: Die Familiengärten sind auch bei künftigen Krisen in der Lage, einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der Menschen in unserem Land zu leisten. Unsere Gärten sind krisenerprobt, sie haben ihre Leistungsfähigkeit in der Vergangenheit bewiesen.

Wir Familiengärtnerinnen und Familiengärtner haben Wissen und Erfahrung. Beides geben wir schon seit langer Zeit mit viel Einsatz an künftige Generationen weiter. Wir haben gelernt, auf kleinem Raum vielseitige Nahrungsmittel lokal und kostengünstig zu produzieren. Damit tragen wir gleichzeitig zur Artenvielfalt und zum Klimaschutz bei. So wundert es nicht, dass sich gerade junge Generationen für das Gärtnern begeistern.

Am 16. Oktober ist Welternährungstag

Hand in Hand für bessere Lebensmittel und eine bessere Zukunft

Wir haben letztmals 2022 über den Welternährungstag und die Ertragsmöglichkeit in unseren eigenen Gärten berichtet.

Der diesjährige Welternährungstag 2025 ruft zur Zusammenarbeit über Grenzen, Branchen und Generationen hinweg auf.

Am 16. Oktober ist Welternährungstag. Die FAO (Food and Agriculture Organization; die Welternährungsorganisation) rief diesen Tag 1979 ins Leben, um auf das Hungern in der Welt aufmerksam zu machen. Die Organisation wählte dieses Datum, da ihr eigener Gründungstag der 16. Oktober 1945 war. Ihr Auftrag ist, die weltweite Ernährung sicherzustellen. Die FAO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen (United Nations) und wird 2025 80 Jahre alt.

Schätzungsweise 673 Millionen Menschen hungern, eine unvorstellbare Zahl. Hungernde sind mangels Alternative oft gezwungen, ungesunde Lebensmittel oder verschmutztes Wasser zu sich zu nehmen. So droht zusätzlich zum Hunger die Entstehung von Krankheiten und Seuchen. Die Hauptursachen für Hunger sind vielfältig. Kriege und bewaffnete Konflikte stehen traditionell an erster Stelle.  Zukünftig werden extreme Wetter- und Klimaereignisse wie Stürme, Dürren oder Überschwemmungen immer häufiger hinzukommen. Weitere Faktoren sind fehlende staatliche Infrastrukturen, soziale Ungleichheit und Wirtschaftskrisen. Das Thema des Welternährungstags 2025 lautet daher: Hand in Hand for Better Foods and a Better Future (Hand in Hand für bessere Lebensmittel und eine bessere Zukunft).

Die Lebensmittelindustrie trägt zu Treibhausgasemissionen bei. Wir haben aber durchaus einen Einfluss auf den Emissionsausstoss: durch unsere Wahl der konsumierten Lebensmittel, die Art des Pflanzenanbaus sowie die Verwertung und Verteilung der Ernte. Ein bewusster Umgang mit dem Thema Ernährung bietet somit eine echte Chance zur Emissionsreduktion.

Puffbohnen (auch Dicke Bohnen, Saubohnen oder Ackerbohnen): Ein greifbares Beispiel für hohe Ernteerträge auf kleiner Fläche. Als proteinreiches Nahrungsmittel symbolisieren sie die Krisenfestigkeit der Familiengärten. Mit unserem Wissen über Sortenvielfalt und naturnahes Gärtnern sind wir zukünftigen Krisen und klimatischen Veränderungen gewachsen.
Puffbohnen (auch Dicke Bohnen, Saubohnen oder Ackerbohnen): Ein greifbares Beispiel für hohe Ernteerträge auf kleiner Fläche. Als proteinreiches Nahrungsmittel symbolisieren sie die Krisenfestigkeit der Familiengärten. Mit unserem Wissen über Sortenvielfalt und naturnahes Gärtnern sind wir zukünftigen Krisen und klimatischen Veränderungen gewachsen. Bild: Dirk Rahnenführer, Familiengarten Dübendorf

Wir sind vorbereitet – Unsere Antworten auf Lebensmittelkrisen

«Wir sind vorbereitet – Welche Antworten wir Kleingärtner auf heutige Krisen haben». Unter diesem Titel fand im Sommer 2025 in Tulln (Österreich) eine Studientagung statt, die der internationale Kleingärtnerverband (Fédération Internationale des Jardins Familiaux) mit Unterstützung des österreichischen Landesverbands durchgeführt hat.

Zum Rahmenprogramm gehörte eine spezielle Führung durch «Die Garten Tulln» mit ihren 70 Mustergärten – die erste ausschliesslich ökologisch gepflegte Gartenschau in Europa. Mariann Baschnonga aus unserem Verbandsvorstand hat die internationale Tagung besucht und daher auch massgeblich zu diesem Text beigetragen. Sie weiss zu berichten: Die Menge der von uns in den Kleingärten erwirtschafteten Ernteerträge wird von Aussenstehenden oft unterschätzt.

Es darf uns nicht darum gehen, Rekordernten zu erzielen. Denn unsere Böden brauchen Schutz für eine nachhaltige Produktionsfähigkeit. Das naturnahe Gärtnern, für das unser Verband einsteht und sich mit seiner Resolution 2025 weiterhin einsetzt, liefert reichlich schöne und gesunde Erträge. Diese in unseren Gärten lokal und natürlich erwirtschafteten Nahrungsmittel benötigen keine langen Transportwege. Damit reduzieren wir umweltbelastende Emissionen.

Unser Wissen, das Erbe der Vergangenheit für die Zukunft

Familiengärtnerinnen und -gärtner wissen, welche Gemüsesorten oder Salate in welcher Saison gedeihen. Wir gärtnern bewusst naturnah zum Schutz unserer Ernte. Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall beugen wir durch natürliche Methoden vor und wissen, was zu tun ist, wenn eine Pflanze erste Zeichen eines Pilzbefalls aufweist. Pestizide vermeiden wir konsequent. Stattdessen setzen wir auf natürliche Düngung und vermeiden Überdüngung. Ebenso erkennen wir den Reifegrad und den optimalen Erntezeitpunkt einer Pflanze.

Unser Wissen geht jedoch weiter: Überschüssige Ernteerträge und die Vorsorge für den Winter haben uns gelehrt, welche Verwertungs- und Aufbewahrungsmethoden es gibt. Das Interesse an solchen alten und bewährten Methoden steigt heute stark an. Sie liefern die Antwort auf eine zentrale Frage: Wie machen wir unsere wertvolle Ernte auch ausserhalb der Kühltruhe haltbar, sodass sie einen eventuellen Stromausfall überlebt? Kürzlich hat Dirk Rahnenführer in seinem Beitrag geschildert, wie er seine Feigen trocknet, um sie das ganze Jahr über zu geniessen.

Nahaufnahme einer bunten, frisch geernteten Vielfalt an Gemüse und Blumen auf einem Holztisch.
Detaillierte Nahaufnahme einer reichen, bunten Erntevielfalt mit verschiedenen Gemüsesorten (Kohl, Tomaten, Paprika, Physalis) und Blumen aus einem Schweizer Familiengarten. Illustriert die Sortenvielfalt als Beitrag zur Ernährungssicherheit. Bild: Fabiana Margadant, Familiengartenverein Altstetten-Albisrieden

Antworten auf klimatische Veränderungen

Ob Sortenvielfalt, Mischkultur und gestaffelte Aussaat, Winterkontinuität oder pflanzliche Schattenspender – wir haben verschiedene Möglichkeiten, uns besser auf die zukünftigen klimatischen Veränderungen einzustellen. Im Folgenden gebe ich einen Überblick.

1. Sortenvielfalt

An der Tagung in Tulln haben Fachleute auf die Wichtigkeit von Saatgutbanken hingewiesen, die für den Erhalt der Sortenvielfalt von grundsätzlicher Bedeutung sind.

In früheren Zeiten tauschten Bäuerinnen ihr Saatgut häufig innerhalb des Familienverbands. Sie mischten beispielsweise mehrere Bohnensorten in einem Glas und säten diese aus. In einem Jahr wuchsen die Stangenbohnen besser, im anderen Jahr eher die nicht kletternden Bohnensorten. Dank dieser Mischung erreichten die Bäuerinnen in ihrem Hofgarten jedes Jahr eine erfolgreiche Bohnenernte. Dasselbe Vorgehen wählten sie auch für den Anbau weiterer Gemüsesorten.

Die heutige Sortenauswahl im Supermarkt hinkt der Samenauswahl älterer Kataloge weit hinterher. Unser Verband setzt sich mit seiner Resolution 2025 für wissenschaftliche Projekte ein, wie etwa das INCREASE Projekt zum Erhalt alter Bohnensorten. Wir haben unsere Mitglieder, Pächterinnen und Pächter zur Mitwirkung an diesem Projekt aufgerufen. Die Resonanz war gross: Sehr viele haben sich dieses und letztes Jahr aktiv an dem Projekt beteiligt.

Sortenvielfalt hat einen weiteren praktischen Nutzen: Sie führt zu unterschiedlichen Erntezeitpunkten und Verwendungsarten. So eignen sich manche Tomatensorten (biovision: Tomaten) ideal für Sugo, andere wiederum besser für Tomatensalat.

Sativa Rheinau bietet beispielsweise eine grosse Auswahl an Tomatensamen. Das Unternehmen ist ein Schweizer Anbieter von biologisch-dynamischem und gentechnikfreiem Saatgut. Es setzt sich für den Erhalt alter Sorten und die Entwicklung robuster neuer Sorten ein.

Wir brauchen vermehrt Kenntnisse über jene Pflanzen, die klimaresistenter sind als andere, da Trockenperioden mit hohen Temperaturen zunehmen. Über solche Pflanzen haben wir in unserer Verbandszeitschrift Gartenfreund berichtet.

2. Mischkultur und gestaffelte Aussaat

Mischkulturen helfen ebenfalls gegen Ernteausfälle: Das gedeihliche Zusammenstellen verschiedener Kulturen – also die bewusste Kombination von Pflanzen im Beet, die sich gegenseitig fördern und positiv beeinflussen – wirkt wachstumsfördernd und schützt gegen Schädlinge. Dies verhindert zudem weitgehende Ernteausfälle, wie sie häufig bei Monokulturen anzutreffen sind.

Im Internet gibt es zahlreiche Tabellen zu Mischkulturen, beispielsweise bei «Gartenratgeber»: Mischkultur Tabelle: Gute und schlechte Pflanznachbarn.

Durch eine gestaffelte Aussaat wird die Ernte ein- und derselben Pflanze zeitlich gezielt nach vorn oder nach hinten verlagert. Damit vermeiden wir eine einmalige Überproduktion, verlängern die Erntezeit und verhindern einen kompletten Ertragsausfall. Für eine gestaffelte Aussaat eignen sich etwa gewisse Salate, Buschbohnen, Radieschen oder Karotten.

3. Winterkontinuität

Frosthartes Gemüse wie Pastinaken, Schwarzwurzeln, Nüsslisalat und verschiedene Kohlarten können wir noch im Herbst oder Winter ernten. Pak Choi übersteht Temperaturen um den Gefrierpunkt, benötigt aber bei tieferen Temperaturen einen Vlies-Schutz.

Der ewige Kohl ist ebenfalls winterhart. Er ist im Gegensatz zu anderen Kohlarten mehrjährig (zwischen vier und zehn Jahren), bildet weder Köpfe noch Blüten, liefert aber ganzjährig essbare Blätter, die wie andere Kohlsorten verwertbar sind. Die Vermehrung erfolgt durch Teilung oder Stecklinge.

Nicht für die späte Ernte bestimmte Beete erhalten eine Gründüngung zum Schutz der Böden während der Winterruhe.

Tipp für eine gute Fruchtfolge

Niemals Kreuzblütler (wie Gelbsenf) als Gründüngung vor anderen Kreuzblütlern aussäen.

Gelbsenf ist ein Kreuzblütler bzw. Starkzehrer, wie etwa Kohl, Rettich oder Radieschen. Starkzehrer sollten nur alle vier Jahre am gleichen Ort angepflanzt und in der Zwischenzeit von Schwachzehrern gefolgt werden. Andernfalls wird die Pflanzenkrankheit Kohlhernie begünstigt. Der betreffende Erreger greift die Pflanzenwurzeln an und kann bis zu 20 Jahre im Boden überdauern.

4. Pflanzliche Schattenspender

Das naturnahe Gärtnern schliesst einen sparsamen Wasserverbrauch mit ein. Der Einsatz grösserer Pflanzen dient gezielt als Schattenspender für sonnenempfindliche Pflanzen. Dazu eignen sich beispielsweise Sonnenblumen oder Beerensträucher.

Von einem langjährigen Gärtner habe ich gelernt, dass man die kräftigen Stängel der abgestorbenen Sonnenblumen auch zu einem Gerüst für Kletterbohnen zusammenbauen kann, eine absolut ökologische Kletterhilfe.

Eine einzige Süsskartoffel kann mehrere Kilogramm schwer werden. Die vielen kleinen Wurzeln verhelfen der Pflanze zu dem beeindruckenden Wachstum. Dieses Bild vom Welternährungstag 2022 zeigt eindrücklich die Leistungsfähigkeit auch kleiner Gärten. Unsere Familiengärten sind krisenerprobt und leisten einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit. Bild: Dirk Rahnenführer, Familiengarten Dübendorf
Eine einzige Süsskartoffel kann mehrere Kilogramm schwer werden. Die vielen kleinen Wurzeln verhelfen der Pflanze zu dem beeindruckenden Wachstum. Diese Aufnahme vom 16. Oktober 2021 – dem Welternährungstag – zeigt eindrücklich die Leistungsfähigkeit auch kleiner Gärten. Unsere Familiengärten sind krisenerprobt und leisten einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit. Bild: Dirk Rahnenführer, Familiengarten Dübendorf

Beteilige dich an unserem Wissensnetzwerk – Teile dein Wissen

In der Abschlussveranstaltung der Tagung in Tulln beschlossen die Delegierten, in jedem Mitgliedsland einen jährlichen Wettbewerb auszuschreiben.

Unser Verband fragt: Welche verborgenen Meister der kleinen Flächen gibt es in unseren Familiengärten? Wer führt eine Ertragsliste? Dabei geht es nicht darum, möglichst grosse Ernten anzustreben, sondern um die Gewinnung einer reichen Vielfalt unter Rücksichtnahme auf unsere Böden.

Die Weitergabe dieses Wissens ist generationenverbindend. Wir können Kindern unsere Gärten als Spiel- und Lernort nahebringen. Auch ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, binden wir zum Beispiel durch die Pflege einzelner Hochbeete oder durch Nachbarschaftsunterstützung in die Gemeinschaft ein.

Genau deshalb haben unsere Gärten den wertvollen Effekt, dass sie der Vereinsamung in unserer Gesellschaft entgegenwirken und Gruppenzugehörigkeiten überwinden.

Welche versteckten Meister der kleinen Flächen gibt es in unseren Familiengärten? Wer führt während eines Gartenjahres eine Liste seiner Erträge? Dabei geht es nicht darum, möglichst grosse Ernten anzustreben, sondern um die Gewinnung einer reichen Vielfalt, mit Rücksichtnahme auf unsere Böden.

Und wie viele Ernteerträge erzielen unsere Familiengärten tatsächlich? Dieses wichtige Thema vertiefen wir im Jahr 2026.

Jacqueline Cortesi, Mariann Baschnonga

Veröffentlicht in:

GartenGemeinschaftNatur

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