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Alles wächst, Zentrum Paul Klee

Paul Klee Ausstellung: Alles wächst

«Alles wächst»: Was die Werke von Paul Klee und das Gärtnern miteinander verbindet

Bei Sonnenschein und Vogelgezwitscher hat ein Team des Zentrums Paul Klee in Bern unser SFGV-Vorstandsmitglied Jacqueline Cortesi zur Präsentation der neusten Ausstellung sehr freundlich empfangen. Das Museum ist ein 2005 eröffneter Kunstbau des Stararchitekten Renzo Piano. Er besteht aus drei «Hügeln», die sich in das sanft geschwungene Terrain seiner Umgebung einbetten. Bei der Führung durch die Ausstellung und das Umland rund um das Museum tauchte die Autorin dieses Gartenblog-Beitrags ein in eine Welt, in der alles wächst und vieles zusammenwachsen kann.

Paul Klee (1879 − 1940), Ohne Titel (Komposition mit Blüten und Blättern), um 1932. Ölfarbe auf Karton; Originalrahmen 32 x 28,8 cm. Zentrum Paul Klee, Bern
Paul Klee (1879 − 1940), Ohne Titel (Komposition mit Blüten und Blättern), um 1932. Ölfarbe auf Karton; Originalrahmen 32 x 28,8 cm. Zentrum Paul Klee, Bern

Ausstellung bis zum 22. Oktober 2023

Als Gärtnerin bzw. Gärtner ruft das Wort «Klee» wohl zuerst reflexartig den Gedanken an eine Pflanze hervor. Das Wortspiel hat jedoch einen wahren Kern: Für den weltberühmten deutschen Maler und Grafiker namens Paul Klee war die Auseinandersetzung mit der Natur und Pflanzenwelt effektiv ein grosses Thema. Pflanzen, Früchte, Parks, Wasser- und Wetterphänomene sowie Gärten sind wiederkehrende Bildmotive seines vielseitigen Schaffens. Paul Klee wurde am 18. Dezember 1879 in Münchenbuchsee, Kanton Bern geboren. Verstorben ist er am 29. Juni 1940 in Muralto, Kanton Tessin.

Das Zentrum Paul Klee hat daher am 20. Mai mit dem Schwerpunktthema «Alles wächst» eine bis 22. Oktober 2023 dauernde Ausstellung eröffnet, die Kunst- und Naturliebhabende gleichermassen anspricht.

Verbindung zwischen Innen- und Aussenraum: Der digitale FRUCHTLAND-Rundgang

Wie ein Forscher analysierte Paul Klee die Natur und fand in ihr die Formen, Strukturen und Prozesse, die ihn faszinierten, wie z.B. das Wachstum oder die Metamorphose. Auf dem Gratis-Aussen-Rundgang FRUCHTLAND 2023, der unter demselben Titel steht wie die Innen-Ausstellung, schlagen zwölf Stationen rund um das Zentrum herum mittels QR-Code Brücken zu zwölf Ausstellungswerken von Paul Klee – und umgekehrt. Dabei verwandelt sich beispielsweise der Birkenstamm im Aussenbereich in das Ausstellungswerk «Baum-gesichter 1». Die Naturbetrachtung verschmilzt auf diese Weise mit den Werken im Innenraum.

Das Umland des Zentrums will einen Beitrag zur Biodiversität leisten. In unserem Beitrag zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai haben wir auf unserem Gartenblog einmal mehr die Notwendigkeit derartiger Anstrengungen thematisiert.

Paul Klee und die Natur

Ein Ausstellungsfoto zeigt Paul Klee in seinem Garten in Bern. Von seinem früh erwachten Interesse an der Natur zeugen Kinderzeichnungen mit Blumenmotiven. Als Jugendlicher fertigte Paul Klee detailgetreue Landschaftsskizzen an, die vor allem Bäume gekonnt in Szene setzen. Gut zu diesem Rückblick in die Kindheit des Künstlers passt der Maltisch für Kinder mitten im Ausstellungsraum, der die aktuelle Kindergeneration zum Malen einlädt.

Die Bildsequenz «Ohne Titel (Aarelandschaft)» um 1900 zeigt Ausschnitte der Aarelandschaft bei Bern, die Paul Klee sehr liebte. Aarelandschaft wird an der Ausstellung mit dem Wasserplätschern und Vogellauten im Hintergrund akustisch untermalt. Der fünfteilige Paravant, den die Bildsequenzen zieren, hatte Klee einst als «unverdauliche spanische Wände» bezeichnet, da er offenbar über diese Auftragsarbeit nicht ganz glücklich war.

Experimentierfreude

Als Erwachsener interessierte sich Klee zunehmend für die natürlichen Wachstumsvorgänge, die er in seine Werke einfliessen liess und die ihn zu lebendigen Formen inspirierten. Für seine Analysen nutzte er auch die Mikroskopietechnik. Aber auch die Lust am Experimentieren kommt in seinen unterschiedlichen Techniken immer wieder zum Ausdruck. Das Werk «Tafelobst» hat er sinnigerweise auf einen passenden Untergrund gemalt, dem Stück einer alten Tischdecke.

Vom Künstler Paul Klee angefertigte Steinreliefs, bemalte Steine, ein Setzkasten mit Steinen, Muscheln, Algen und Flechten, all dies befand sich teils auf den Regalen in seinem Atelier. Es ist als Bestandteil seines Nachlasses in den Schaukästen des Museums zu sehen. Gleiches gilt für seine Herbarblätter. Selbst Atelierutensilien bestätigen sein Interesse an der Natur, so etwa eine Farbpalette mit in Gips eingelassenen, echten Muscheln oder ein Markknochen.

Kleewiese im Zentrum Paul Klee. Foto 2023 Jacqueline Cortesi
Kleewiese im Zentrum Paul Klee. Foto 2023 Jacqueline Cortesi

Seine Beobachtungen und biologischen Erkenntnisse transformierte Paul Klee in immer abstraktere Elemente, in Linien und Flächen. Die Darstellung reduzierter Formen wie auf dem Kleisterbild «Park in Lu» von 1938, das Leuchten der Farben und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Bewegungsarten sind zentrale Elemente seines Schaffens. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Ausbildungsstätte «Bauhaus» in Weimar, an die Paul Klee 1921 mit 41 Jahren berufen wurde, hielt er Vorlesungen zu Form- und Gestaltungslehre. An der Ausstellung ist daher auch Unterrichtsmaterial zu sehen, wie z.B. Notizen von Paul Klee zu Aufgabestellungen an seine Studierenden.

Samen

Die vom Künstler geschaffene Natur ist oft humorvoll, rätselhaft oder poetisch. Den Samen verglich Paul Klee etwa mit einem Punkt, der zur Linie anwächst und sich zu einer flächigen Form entwickelt. Samen haben das Potential zum Keimen, sich zu dreidimensionalen Werken der Natur zu entfalten. Das Bild mit dem Titel «Pathetisches Keimen» ist humorvoll, die Bewegung des sich Aufrichtens kraft- und lustvoll. Gleichzeitig greift das Werk aber auch das tiefsinnige, immerwährende Thema der Vergänglichkeit, des Werdens und Vergehens auf.

Spiralen

Ob Spiralen, Pfeile, Buchstaben oder Musiknoten – schon früh experimentierte der Maler mit unterschiedlichen Zeichen und Symbolen. Die Spirale ist ebenfalls ein Element, das der Natur entstammt.

Die Blätter oder Fruchtstände vieler Pflanzen sind nämlich in Spiralen angeordnet. Die Anzahl dieser Spiralen entspricht den sogenannten Fibonacci-Zahlen. Die Fibonacci-Folge ist die unendliche Folge natürlicher Zahlen, die (ursprünglich) zweimal mit der Zahl 1 beginnt oder zusätzlich mit einer führenden Zahl 0 versehen ist. Danach ist jede Zahl die Summe der beiden ihr vorangehenden Zahlen. Die in der Zahlenfolge enthaltenen Zahlen heissen Fibonacci-Zahlen.

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So besteht zum Beispiel der Blütenkopf der Sonnenblume aus zahlreichen Samen, die in mehreren rechts- und linksdrehenden Spiralen angeordnet sind. Die Anzahl der Spiralen entspricht dabei immer Gliedern der Fibonacci-Reihe. Durch die spiralförmige Anordnung der Blätter um die Sprossachse erzielt die Pflanze die beste Lichtausbeute. 

Kann eine Erdbeere traurig sein?

Die Ausstellung, die selbst möglichst nachhaltig produziert wurde, gibt Denkanstösse für einen nachhaltigen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Zum Nachdenken regen auch die im Ausstellungsraum aufgehängten Vliesbahnen an, auf denen humoristische bis tiefgründige Fragen geschrieben stehen: «Kann eine Erdbeere traurig sein?» oder «Welches Gespräch führst du mit einem Baum?» Damit wird wiederum ein anderer Bogen geschlagen zu Ausstellungswerken wie jenem mit dem Titel «Leidende Frucht». Die Vliese werden übrigens nach dem Ende der Ausstellung an den Gemeinschaftsgarten (vgl. Begleitprogramm) zur Weiternutzung abgetreten.

Begleitprogramm

Das vielseitige Begleitprogramm verbindet die Ausstellung mit dem auf dem Museumsgelände vor rund zwei Jahren angelegten Gemeinschaftsgarten und dem Kindermuseum Creaviva. Der Gemeinschaftsgarten paul&ich wird vor allem durch Quartierbewohnerinnen und -bewohner bewirtschaftet und soll den Austausch zwischen dem Zentrum und seiner Umgebung fördern.

Auf den Museumshügeln befinden sich die von einem Imker betreuten Kästen mit Dunklen Bienen, sodann bunte Blumenwiesen und ein landwirtschaftlich betriebenes Ur-Dinkelfeld (Sorte Ostro, eine der ältesten Getreidesorten überhaupt).

Die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL (ein Departement der Berner Fachhochschule) hat aus Anlass der laufenden Ausstellung auf dem von ihr unterhaltenen Feld einige Kleesorten angepflanzt und diese informativ beschildert.

Sonderanlass am Samstag, 3. Juni 2023

Am 3. Juni findet unter dem Titel «Alles wuchert» zwischen 14.00 und 17.00 Uhr für Familien und Naturliebhabende ein Forschungs- und Entdeckungsnachmittag statt: Das Kindermuseum Creaviva eröffnet die interaktive Ausstellung «Lu. Spiel der Jahreszeiten» (Vernissage um 14.00 Uhr).

Das Magazin zur Ausstellung wird um 16.30 Uhr im Gemeinschaftsgarten präsentiert. Es enthält unter anderem zwei Rezepte aus der Rezepte-Sammlung des Künstlers, der sehr gerne gekocht hat.

An verschiedenen Stationen werden die Besucherinnen und Besucher im FRUCHTLAND zu den Insekten und Bienen geführt.

Der Eintritt in die Ausstellungen ist für diesen Sonderanlass frei.

Die Ausstellung «Alles wächst» kann vom 20.5. bis 22.10.2023 im Zentrum Paul Klee besucht werden.

Jacqueline Cortesi

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